Schon mehrfach wurde berichtet, dass eine schädliche Algenblüte (englisch: Harmful algal bloom, abgekürzt: HAB) in den ersten Wochen dieses Jahres den Tod von tausenden Atlantischen Zuchtlachsen (Salmo salar) im südlichen Chile verursacht hat und viele führende Hersteller dieser Region davon betroffen waren.
Da HAB jedoch auch weiterhin eine Bedrohung für die chilenische Produktion darstellen wird, wächst die Besorgnis darüber, was künftige Liefermengen und Preise betrifft, sodass wir von Pittman Seafoods es für wichtig halten, sich einen kritischen Überblick über die Lage zu verschaffen, um auf dessen Grundlage eine ausgewogene Prognose abgeben zu können.
PRODUKTIONSNIVEAUS
Seit langem gilt Chile als zweitgrößter Zuchtlachshersteller der Welt (nach Norwegen) und sollte nach Prognosen für 2016 630.000 Tonnen Fisch (Fischäquivalent) produzieren. Für das Jahr 2017 wurde außerdem erwartet, dass das südamerikanische Land seine Produktion gegenüber dem Vorjahr um 10 % herunterfahren würde, da die Lachsfarmen beschlossen hatten, zur Steigerung ihrer Profitabilität ihre Bestände an Biomasse zu verringern. Nun, nach den jüngsten Ereignissen mit HAB, rechnen Analysten jedoch damit, dass Chiles Produktionsvolumen sowohl 2016 als auch 2017 um weitere 15 bis 20 % schrumpfen wird.
DROHENDE SCHÄDEN
Obwohl lange Zeit eher Fischläuse und die damit verbundenen Herausforderungen die Schlagzeilen füllten, da diese natürlichen Parasiten die Lachshersteller jährlich Hunderte von Millionen Dollar kosteten, können Algenblüten – insbesondere HABs – ebenso tödlich für die Bestände sein.
Mit Algenblüte wird allgemein eine rapide Vermehrung von Meeresalgen bezeichnet. Allerdings sind HABs, wie der Name schon sagt (siehe oben), bedeutend schädlicher, da sie giftiges oder anderweitig schädigendes Phytoplankton enthalten. Dies kann zu einer Vielzahl von negativen Auswirkungen bei Wasserorganismen führen, einschließlich bei Meeressäugetieren und Seevögeln, und eben auch bei Fisch.
Im letzteren Fall ersticken die Algen die Fische nicht nur dadurch, dass sie dem Wasser Sauerstoff entziehen, sondern auch dadurch, dass einige Planktonarten spitze Nadeln besitzen, die das Kiemengewebe der Fische schädigen können und sie damit anfälliger für Krankheiten machen.
SCHADENSMINDERUNG
Wird eine Algenblüte früh genug erkannt, bieten sich den Leitern von Fischfarmen eine Reihe von Maßnahmen zur Abschwächung der negativen Auswirkungen an. Dazu gehören:
- Fütterungspläne stoppen, damit die Fische in tieferen Wasserschichten bleiben
- Schutzbarrieren an den Netzgehegen anbringen
- Pumpen mit komprimiertem Sauerstoff installieren, damit nicht-kontaminiertes Wasser vom Grund des Geheges nach oben steigt
Zunehmend werden auch Satelliten und Fernüberwachungssysteme zur HAB-Vorhersage eingesetzt.
NATÜRLICHE GEFAHR
Was die Hauptursache für das Auftreten von HABs sein könnte, da gehen die Expertenmeinungen noch sehr auseinander. Dennoch stimmt man zumindest darin überein, dass die Mehrheit der Fälle auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind und in den unterschiedlichsten Lebensräumen auftreten können, d. h. sowohl in relativ unberührten Offshore-Gewässern als auch in nährstoffreichen Uferzonen.
Gleichzeitig werden Häufigkeit und Schweregrad der HABs in bestimmten geografischen Regionen immer wieder mit einer zunehmenden Nährstoffbelastung durch menschliche Aktivitäten in Verbindung gebracht. Und obwohl die Aquakulturindustrie gelegentlich als möglicher Verursacher dieses Problems benannt wird, muss doch auf Regionen verwiesen werden, in denen zwar regelmäßig Algenblüten auftreten, jedoch keine Fischzucht betrieben wird.
Darüber hinaus wurde die letzte Algenblüte der vielen, die in den letzten Jahren meistens in Chile auftraten, durch den El-Niño-Effekt noch vergrößert.
Im Moment ist es für Chiles Lachsproduzenten noch zu früh, um die genauen Kosten beziffern zu können, die ihnen oder der Branche durch die letzte HAB entstanden sind. In der Vergangenheit jedoch haben Fischzüchter immer große finanzielle Verluste hinnehmen müssen, wenn die Fischsterblichkeit derart hoch war. Obwohl dieses Mal die meisten Big Player bereits bekannt gegeben haben, dass der Verlust an Fisch von ihren Versicherungen abdeckt sei.
Vom Standpunkt einer breiteren Lieferkette aus betrachtet, wird allerdings, angesichts der hohen Sterblichkeitsraten und sinkender Produktverfügbarkeit, mehr und mehr mit steigenden Preisen gerechnet, zumindest kurzfristig gesehen. Wir können deshalb nur abwarten und sehen, wie hoch und für wie lange genau.
Pittman Seafoods bezieht seinen Atlantischen Lachs sowohl aus Norwegen als auch aus Chile, wo es zudem eigene Produktionsstätten unterhält.
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