Die Anlandungspflicht oder das europäische Rückwurfverbot wurden innerhalb der EU-Gesetzgebung als Teil der erneuerten „Gemeinsamen Fischereipolitik“ (GFP) eingeführt. Das Verbot trat am 1. Januar 2015 in Kraft für Fischereien auf pelagische Arten, die einer Quote unterliegen, wie Hering und Makrele.
Ihre Implementierung war der erste Abschnitt eines breiter angelegten Rückwurfverbots, das im Jahre 2016 vollständig in Kraft treten wird für Fischereien, die auf Grundfische angeln. Um das Jahr 2019 herum, muss dies für die insgesamt zulässigen Fangmengen (TAC) sowie für Fischarten, die einer Quote unterliegen, vollständig umgesetzt sein.
Abgesehen von einzelnen Ausnahmen, muss der Fang von allen pelagischen und einer industriellen Quote unterliegenden Arten, nunmehr angelandet und entsprechend der Quote gezählt werden, gemeinsam mit zufälligen oder untermaßigen Fängen von Grundarten, wie Kabeljau und Schellfisch. Untermaßige Fische können nämlich für andere Zwecke als den menschlichen Konsum genutzt werden: als Köder, in Fischfutter, Fischöl, Tierfutter, Nahrungsmittel-Additiven, Medikamenten und Kosmetikprodukten.
Die Europäische Kommission glaubt daran, dass die Anlandungspflicht zu zuverlässigeren Daten über Fischbestände, zu einer besseren Verwaltung und einer effizienteren Nutzung der natürlichen Ressourcen führen wird.
DRAMATISCHE WENDUNG
Nach einer dreijährigen Verhandlungszeit wurde die neue GFP im Dezember 2013 beschlossen. Diese neue Regelung trat am 1. Januar 2014 in Kraft und soll die europäischen Fischbestände wieder auf ein nachhaltiges Niveau zurückbringen sowie verschiedenen Praktiken Grenzen und Schranken setzen, wie dem Rückwurf von unerwünschtem Fisch in das Meer.
Um diesem Prozess einen Anschub zu verleihen, investiert der neue europäische Fonds für maritime Angelegenheiten und Fischerei (EMFF), das wichtigste Instrument zur Erfüllung der GFP-Reformen – in selektivere Fanggeräte und in Ausrüstung, um ungewünschteFänge einfacher zu verarbeiten, anzulanden und zu lagern.
Verschiedene Topvertreter aus der europäischen Fischereiwirtschaft und wichtige Interessenvertreter betrachten die neue Verordnung als die bislang dramatischste Wendung, die Europa in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat.
Restaurants, Großhändler und Verbraucher in Europa haben diese Regeln bereits begeistert begrüßt, da die in der EU gefangenen Fische und Meeresfrüchte, damit auf der Treppe der Nachhaltigkeit erneut eine Stufe nach oben klettern konnten.
SENSIBLES THEMA
Die meisten europäischen Fischer haben schon öfter ihrer Abneigung über den Rückwurf von sehr guten Fischprodukten Ausdruck verliehen, aber es war Pflicht. Bei Nichterfüllung mussten sie unter der alten, recht unbeliebten GFP, beträchtliche Bußgelder zahlen.
Die Kommission schätzt, dass zum damaligen Zeitpunkt jährlich 23 Prozent des gesamten, wild gefangenen Fisches, zurückgeworfen wurde. Aber, neben der Vergeudung von kostbaren Proteinen, vor allem von jungem Fisch, beeinflusst der Rückwurf des Fischs auch die Nahrungskette, da mehr Nahrung an die sich von Abfall ernährenden Organismen auf dem Meeresgrund und Seevögel zugeführt wird.
Es wird dann nicht weiter verwundern, dass die Fischindustrie ein großer Befürworter der neuen Gesetzgebung ist. Der Sektor erkennt an, dass das Einhalten der Regeln sich als positiv für die Zukunft, die Nachhaltigkeit und die Lebensqualität der Branche im Allgemeinen erweist. Dennoch geht man pauschal davon aus, dass zunächst ein paar wichtige Angelegenheiten gelöst werden müssen, bevor die Regeln auf die gesamte Branche erweitert werden können. So ist es für gemischte Fischereien erheblich schwieriger die Regeln einzuhalten als für pelagische Sektoren. Pelagische Fischereien können schließlich vergleichsweise niedrige Rückwurfzahlen vorlegen, da ihre Zielarten meistens gemeinsam in Schwärmen schwimmen.
Wenngleich Fischereibetreiber in den vergangenen Jahren vorsichtige Schritte unternommen haben, um die Rückwurfmenge von Fisch im Grundfischsektor zurückzuschrauben, durch die Nutzung von selektiveren Fanggeräten, die verhindern, dass untermaßiger und unerwünschter Fisch gefangen wird, fordert die Industrie die Entscheidungsträger dennoch dazu auf, darauf zu achten, dass bei der Festlegung der lange erwarteten Richtlinien für 2016 und darüber hinaus, tatsächlich Rechnung getragen wird mit der täglichen Realität von Fischereien und darauf, dass die neuen Verordnungen für jeden umsetzbar sind.
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